Klassische Situation in einem Workshop für Führungskräfte. Meine Frage in die Runde: Wer will erfolgreich sein? Antwort: Alle.
Ich hab nichts anderes erwartet und das ist, was mir an Führungskräften gefällt: sie sind ergebnisorientiert, wissen, was sie wollen und packen die Dinge an. Bei der nächsten Frage wird die Sache spannender: Was heißt für Sie Erfolg? In der Regel kommen dann Antworten, die sich auf das Business beziehen: Ziele erreichen, Projekte realisieren, Marktanteile oder Umsatz ausbauen. Auf das eigene Leben bezogen bedeutet Erfolg für die meisten Karriere machen, eine hohe Position erreichen, gutes Geld verdienen.
In diesem Sinn erfolgreich zu sein ist gut, aber nur ein Teil des Ganzen. Was bedeutet ganzer Erfolg? Ich versuche das jeweils anhand einer einfachen Grafik, bestehend aus drei ineinander liegenden Kreisen, deutlich zu machen.
Der äußere Kreis: Beruflicher Erfolg. Dazu gehört eine erfolgreiche Karriereentwicklung, ein guter Job und gutes Geld. Alles legitim. Das Problem: oft werden auf dem Altar des äußeren Erfolges Lebensqualität und Beziehungen geopfert. Das bringt mich zum zweiten Kreis.
Der mittlere Kreis: Beziehungen. Ich kenne zu viele Führungskräfte, die auf dem Altar des beruflichen Erfolgs ihre wichtigsten Beziehungen opfern. Die Ehe ist kaputt, der Draht zu den Kindern schwach oder sogar durchtrennt, man hat kaum mehr echte Freunde. Ich habe noch nie jemand sagen hören: „Wenn ich zurückschaue, bereue ich, zu viel Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern verbracht zu haben“… Das Gegenteil davon aber höre ich ziemlich oft.
Der innere Kreis: die eigene Persönlichkeit. Vielleicht gelingt es uns, im Beruf erfolgreich zu sein und unsere Beziehungen einigermaßen zu managen. Im geschützten Raum bekennen aber viele: „Wenn ich ehrlich bin, fehlt mir die innere Erfüllung“. Oder: „Ich habe es zwar weit gebracht, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich immer nur versucht, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Mein Herz würde für etwas ganz anderes schlagen…“ Ein Artikel von Reinhard Sprenger, kürzlich veröffentlicht in der Wirtschaftswoche, bringt die Sache auf den Punkt. „Wohlhabend, erfolgreich – und unglücklich“ – so die packende Überschrift. Sprenger beschreibt darin den Zustand vieler Führungskräfte, nachdem sie beruflich erfolgreich geworden sind.
Fazit: Karriereerfolg (äußerer Kreis) ist nicht gleich Lebenserfolg (äußerer, mittlerer und innerer Kreis). Wirklich erfolgreich sind wir erst dann, wenn uns das ganze Leben gelingt. Sind wir auf Kurs? Folgende Fragen können uns helfen:
- Wie beurteile ich meinen ganzheitlichen Lebenserfolg?
- Bin ich beruflich am richtigen Platz? Kann ich die Wirkung erzielen, die ich mir wünsche?
- Welche Spuren hinterlasse ich in meinem Umfeld – d.h. wie sehen mich die verschiedenen Stakeholder meines Lebens wie Partner, Kinder, Freunde, Kollegen?
- Fühle ich in meinem Innersten Frieden oder Unfrieden?
- Bin ich vom Sinn meines Lebens überzeugt?
- Wenn mein Leben jetzt zu Ende wäre, könnte ich auf ein erfülltes Leben zurückschauen?
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Bildquelle: Johannes Grassl